Das letzte Aufbegehren des Patriarchats
1980 wurde das Transsexuellengesetz verabschiedet. Die Bundesregierung beabsichtigt es abzuschaffen und durch das Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. In der Diskussion um dieses Gesetz wurde so vieles gesagt und doch so vieles unter den Tisch fallen gelassen, weswegen es sich lohnt einen Schritt zurückzugehen und sich zu fragen, wie der gesellschaftliche Diskurs überhaupt an diesen Punkt gekommen ist und über was wir eigentlich diskutieren.
Fakt ist, dass alle menschlichen Gesellschaften zu jedem Zeitpunkt eine Vorstellung von Mann und Frau hatten. Fakt ist aber auch, dass die genaue Ausdifferenzierung zwischen Mann und Frau historisch und kulturell höchst variabel ist und Fakt ist auch, dass es in allen menschlichen Gesellschaften Menschen gab und gibt, die aus diesen Kategorien herausfallen. Manche Gesellschaften schufen für diese Menschen neue Kategorien, wie z.B. die Hijra in Indien, die Fa’afafine auf Samoa oder die Tumtumim im Talmud. Und während die historische Forschung zeigt, dass es auch in Westeuropa einen gewissen Raum für diese Menschen gab und im Mittelalter z.B. die Änderung der gelebten Geschlechterrolle (Kleidung, Name, ausgeübte Tätigkeiten, usw.) oftmals ausreichte, um dem anderen binären Geschlecht zugeordnet zu werden. So begann im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss der aufkeimenden Naturwissenschaften, ein Prozess Geschlecht und in dessen Folge Sexualität neu zu verstehen. Männer und Frauen wurden konstruiert als zwei wesensverschiedene Spezies, die von Geburt an dazu bestimmt sind, eine gewisse Rolle anzunehmen und zu erfüllen. Männer wurden stark, rational und führend. Frauen schwach, emotional und folgend. Und Männer, die sich sexuell und/oder romantisch zu anderen Männern hingezogen fühlten, wurden homosexuell. Ein Wort, dass es davor nicht gab und das vor allem beschreiben sollte, dass manche Männer von Geburt an dazu bestimmt sind, die Straftat der Sodomie zu begehen. Den Grund, warum manche Männer diesem gefährlichem Homosexualismus angefallen sind, sah man darin, dass sie ein weibliches Element, eine weibliche Essenz, in sich haben müssen. Diese Vorstellung wirkt bis heute fort in dem Denken, dass schwule Männer von Geburt an femininer als hetero Männer sind und dass transgeschlechtliche Frauen in Wahrheit einfach sehr, sehr schwule Männer sind. Aus der Erschaffung des homosexuellen (und angenommenen femininen) Mannes wurde später dann die homosexuelle (und angenommene maskuline) Frau gegenkonstruiert.
Anfang des 20. Jahrhunderts kamen dann Technologien auf, die aktiv in das biologische Geschlecht eingreifen konnten und von Anfang gab es Menschen, die diese Technologien genutzt haben, um ihr biologisches Geschlecht zu ändern, in Richtung des anderen Geschlechtes. Die bisherigen Modelle reichten nicht aus, um dieses Phänomen zu erklären und so wurden neue Kategorien geschaffen, wieder ausgehend von devianten (angenommenen) Männern. In der Zeit kurz nach dem Krieg gab es dann plötzlich den Transsexuellen, der sein Geschlecht von Mann zu Frau komplett ändern will und den Transvestiten, der es nicht ganz so ernst meint und sich damit zufrieden gibt, die Kleidung des anderen Geschlechts zu tragen. Der wichtige Unterschied zwischen beiden war dabei vor allem die sexuelle Orientierung: Der Transsexuelle fühlt sich zu Männern hingezogen, kann also nach der Geschlechtsumwandlung (wie man es damals noch nannte) ein normales heterosexuelles Leben als Frau leben. Während der Transvestit sich zu Frauen hingezogen fühlt und damit in den Augen der männlichen Psychologen und Psychiatern, die diese Theorien entwickelten, nur eine heterosexuelle Perversion betreibt. Die Hürden für eine „Geschlechtsumwandlung“ waren sehr hoch: Man musste psychologische Tests machen, um zu beweisen, dass man wirklich eine Frau ist. Das hieß konkret, dass man beweisen musste, dass man schwach, emotional und folgend ist und ebenso musste vorher sichergestellt werden, dass die Umwandlung überzeugend sein wird. Ich als Frau von 1,83m hätte es da schwer gehabt. Transitionen wurden damals auch auf ihren Erfolg überprüft, d.h. man überprüfte, ob diese neuen Frauen auch ein braves Leben als Hausfrau führten. Schließlich wurde dann auch aus dem „männlichen Transsexuellen“ (gemeint sind transgeschlechtliche Frauen) die „weibliche Transsexuelle“ (trans Männer) gegenkonstruiert. Ein weibliches Äquivalent zu den Transvestiten wurde aber nicht geschaffen.
Wer es noch nicht verstanden hat: Die Entstehung der Transsexualität lag darin begründet, dass man medizinisch und psychologisch ein rigides binäres Geschlechtersystem aufrechterhalten wollte, in dem der Mann über der Frau ist und sich beide zueinander hingezogen fühlen müssen. Dafür nahm man in Kauf, dass es notwendig ist, manchen Menschen eine „Umwandlung“ zu erlauben, um dieses Modell hochhalten zu können. Dieses Modell geriet aber sehr schnell in Schwierigkeiten, insb. da die meisten Menschen, denen medizinische Hilfe zur Geschlechtstransition verwehrt wurde, sich diese illegal besorgten. Ein Modell, nachdem Transvestiten keine Geschlechtsumwandlung anstreben, diese dann aber doch die Umwandlung mit Schwarzmarkt-Hormonen und OPs im Ausland durchführen, funktioniert offensichtlich nicht. In der Folge wurde die Kategorie „Transsexuell“ erweitert und in der klinischen Praxis begann ein langer Prozess der Entpathologisierung von Transgeschlechtlichkeit. D.h. man hörte auf, herausfinden zu wollen, warum jemand trans ist, weil man in mehreren Jahrzehnten Forschung dieser Frage nie näher kam und man hörte auf zu schauen, ob jemand wirklich trans ist oder nicht doch was anderes ist, weil es nie zu einem anderen Ergebnis kam. Alle denen eine Diagnose mit F64.0 Transsexualismus verweigert wurde, kamen sowieso über andere Mittel an Hormone und OPs ran. Höhepunkt dieser Entpathologisierung bildet die in Argentinien, Kanada und Teilen der USA übliche Praxis der Informierten Einwilligung zu Hormontherapien. Hormone bekommt dort, nach einer Aufklärung über die Risiken, jeder, der danach fragt. Ergebnis nach über 20 Jahren Erfahrung mit diesem Verfahren: Keine höhere Anzahl an Menschen, die die Behandlung bereuen, dafür eine wesentlich größere Patientenzufriedenheit und größeres Vertrauen zwischen Ärzt*inund Patient*in.
Doch nicht alle Psychiater und Psychologen wollten diesen Schritt mitgehen und Transgeschlechtlichkeit als natürliche Ausprägung menschlicher Geschlechtlichkeit verstehen. Ray Blanchard entwickelte deswegen in den 1980ern ein Modell, nachdem trans Frauen zwei verschiedene Gruppen von Männern mit einer je eigenen psychosexuellen Motivation darstellen: Homosexuelle Transsexuelle, die eine Geschlechtstransition anstreben, um mit heterosexuellen Männern schlafen zu können und autogynophile Transsexuelle, die die Transition anstreben, weil sie von der Vorstellung erregt werden, einenFrauenkörper zu haben, und dann nach der Transition eine sexlose Beziehung mit sich selbst eingehen. Diese Vorstellung baut auf verschiedenen Grundannahmen auf: Frauen haben keine eigene Sexualität; es gibt keine legitime Bisexualität; die Tatsache, dass sich die Sexualität von trans Frauen der von Männern unterscheidet, macht deren Sexualität deviant. In Deutschland wird diese Vorstellung vor allem vom umstrittenen Psychiater Alexander Korte vertreten, fand aber national und international wenig Resonanz in der wissenschaftlichen Community. Vor allem da nicht nur die Grundannahmen der zeitgenössischen Forschung widerspricht, sondern auch da die Hypothese in klinischen Studien widerlegt werden konnte und so gut wie alle trans Frauen dieser widersprechen, da sie nicht dazu geeignet ist unsere Lebenswirklichkeit wiederzugeben. Ich selbst hatte die für mich sehr reale Angst, nach meiner Transition nicht mehr von einem Mann begehrt zu werden, der sexuelle Aspekt war also für mich eher ein Hindernis in der Transition als Motivation. Und ganz wichtig: Trans Männer kommen in dieser Theorie nicht vor und jede Hypothese über Transgeschlechtlichkeit, die trans Männer ausklammert und deren Lebenswirklichkeit infantilisiert durch Unsichtbarmachung, ist nicht dazu geeignet allgemeingültig zu sein.
Rechtlich, und darum geht es nun mal in dem Gesetz, wurden im 19. Jahrhundert im Zuge der Neuordnung der Geschlechtervorstellung die Zügel enger gezogen. Während das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 noch den Zwitterparagrafen enthielt, der den Geschlechtswechsel ab dem 18. Lebensjahr jedem selbst überließ, wurde im kaiserlichen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900 diese Regelung aufgehoben. Seit 1875 muss das Geschlecht eines Kindes bei der Geburt erfasst werden und seit 1938 ist der Vornamenswechsel in Deutschland grundsätzlich verboten. Und während auch in den 1950ern und-60ern Fälle bekannt sind, in denen Menschen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ändern lassen konnten, wurde diese Möglichkeit im Zuge der immer stärkeren Herausbildung der Vorstellung einer Transsexualität zunehmend eingeschränkt und war in den 1970ern faktisch unmöglich. In Archiv der Landeshauptstadt Saarbrückenfindet sich heute noch die Akte einer mutigen, jüdischen und trans Frau, die 1935 nach Frankreich floh, dort für die Résistance kämpfte, dann am israelischen nabhängigkeitskrieg teilnahm und sich schließlich nach einer geschlechtsangleichenden Operation wieder im Saarland niederließ und dort dann bis zu ihrem Lebensende mit ihrem Ehemann lebte. Die saarländischen und französischen Behörden erlaubten ihr den Wechsel der Vornamen und des Geschlechtseintrages. 1978 urteilte dann das Bundesverfassungsgericht, dass die Bundesrepublik den Vornamens-und Personenstandswechsel erlauben muss, da sich dies aus Art. 1 und 2 des Grundgesetzes ergibt. Der Gesetzgeber ermöglichte dies 1981 im Transsexuellengesetz, das diesen Wechsel an sehr hohe Hürden knüpfte. Zwei psychologische Gutachten, eine Scheidung bei bestehender Ehe, Sterilisation, Durchführung einer geschlechtsangleichenden Operation und ein Mindestalter von 25 Jahren. Bis auf die psychologischen Gutachten wurden alle diese Voraussetzungen bis 2011 vom Verfassungsgericht gekippt und 2018 musste auf Verfassungsgerichtsurteil hin ein dritter positiver Personenstand her: Divers. Man sollte hier festhalten, dass Deutschland das TSG einführen musste, weil es eines der wenigen Länder auf der Welt war, das die Vornamens-und Personenstandsänderung komplett verboten hatte. Österreich führte nie ein TSG ein und trotzdem war und ist dort die VÄ/PÄ möglich.
Rechtlich betrachtet hat der Wechsel des juristischen Geschlechts kaum noch Rechtsfolgen. Immerhin ist das Rentenalter zwischen Männern und Frauen mittlerweile angeglichen, Frauen dürfen Nachschicht arbeiten, jeder darf jeden heiraten und ein Mann muss nicht mehr zustimmen, wenn seine Frau arbeiten will. Mehrere Jahrzehnte feministischer und queerer Aktivismus zielten darauf hin: Alle Geschlechter rechtlich gleichzustellen. Einzig die Wehrpflicht, auch wenn sie momentan ausgesetzt ist, unterscheidet noch zwischen Mann und Frau, bzw. seit 2018 zwischen Mann und Nicht-Mann. Der Zutritt zu „Frauenräumen“ hängt nicht vom Eintrag im Pass ab. Tatsächlich wird man im Prozess der Passänderung in den psychologischen Gutachten gefragt, wie sich die Nutzung der anderen Räume (also z.B. als trans Mann der Männerräume) anfühlt. Diese wird dort zur Voraussetzung für die Ernsthaftigkeit des „transsexuellen Wunsches“ festgelegt. Die geschützte Kategorie Geschlecht im Allgemeinen leichbehandlungsgesetz bezieht sich nicht zwingend auf den Geschlechtseintrag. So kann eine trans Frau, die juristisch noch Mann ist, vor Gericht Diskriminierung als Frau geltend machen. Und so sehr es manche Menschen auch nicht glauben wollen: Ein Mann in einer Frauentoilette begeht mit seiner Anwesenheit keine Straftat und hat diesin der ganzen Geschichte der BRD noch nie getan.
Medizinisch und psychologisch, und wegen dem TSG damit auch rechtlich, sind viele Fortschritte noch nicht in Deutschland angekommen. Transgeschlechtlichkeit wird hierzulande immer noch pathologisiert und trans Menschen müssen immer noch vor Psychologen und Psychiatern ihr Geschlecht beweisen. Dazu gehört immer noch: Röcke, Schminke und lange Haare für die Frauen; Macho-Attitüde und Cargoshorts für die Männer. Immer noch ist der Prozess einfacher, wenn man hetero ist; immer noch ist der Prozess einfacher, wenn die Transition „optisch gelingt“. Mittlerweile haben wir seit den 1980ern eine trans Bewegung in Deutschland, deren Ziele klar sind: Trans sein nicht mehr an veralteten Geschlechterklischees festzumachen, ein trans Mann kann auch feminin sein, eine trans Frau maskulin. Den Weg öffnen für Menschen, die biologisch eben nicht in die eine oder andere Box gepresst werden wollen, die sich z.B. für Hormone aber gegen OPs entscheiden. Körperliche Selbstbestimmung heißt eben auch, dass der Staat Menschen nicht zu OPs zwingen kann und ja, dann kann eine Frau eben auch mal einen Penis haben. Den Weg öffnen für Menschen, die sich von den Fesseln des Geschlechts befreien wollen und sagen: Ich bin weder Mann noch Frau oder auch: Ich bin Mann und Frau oder verallgemeinernd: Ich bin nicht-binär. All dies sind Voraussetzungen, um die Gleichstellung von trans Menschen endlich zu bewerkstelligen.
Trans Menschen sind in Deutschland immer noch einem hohen Maß an Diskriminierung ausgesetzt: Hohe Raten an häuslicher und sexualisierter Gewalt [1], hohe Suizidraten [2], hohe Raten an Hasskriminalität, die momentan wieder arg zunimmt [3]. Trans Frauen stellen irgendwo zwischen 0,1% und 0,2% der Bevölkerung, stellen aber 6% der Prostituierten [4]. Insbesondere im Gesundheitsbereich berichten trans Menschen über eine massive Diskriminierung, die sich in einer schlechteren Gesundheitsversorgung von trans Menschen niederschlägt [5]. 2019 noch berichtete Christine Lüders, die damalige Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, dass etwa die Hälfte aller deutschen trans Menschen offiziell arbeitslos ist [6]. Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein Tropfen auf den heißen Stein, es lässt einen Teil der Diskriminierung im Zuge der Namensänderung durch denWegfall der psychologischen Gutachten entfallen, hält aber genau dieselbe Diskriminierung im Zugang zu Hormontherapien oder OPs aufrecht. Wenn die Bundesregierung tatsächlich etwas für die Gleichstellung von trans Menschen tun wollen würde, was mit gutem Grund bestritten werden kann, so müsste sie die Gutachten für die Hormone abschaffen, Reformen im Gesundheitsbereich angehen um den Zugang für alle Einwohner*innen des Landes zu ermöglichen und die rechtliche Situation von Prostituierten und Sexarbeiter*innen reformieren und noch vieles mehr. Und man darf nicht vergessen: Das Gesetz wird Diskriminierungseitensdes Staates abbauen, aber auch in Zukunft werden trans Menschen trotzdem den Gang auf die Toilette aus Angst vor Übergriffen meiden [7], auch in Zukunft werden trans Menschen aus Krankenhäusern abgewiesen werden, weil man nicht weiß, wo man sie unterbringen soll und auch in Zukunft wird geschlechtsspezifische Medizin, wie gynäkologische und urologische Versorgung, trans Menschen nur sehr begrenzt zur Verfügung stehen [8]. Die Fetischisierung von trans Frauen wird nicht aufhören [9], auch nicht die hohe Rate an Substanzmittelmissbrauch und die hohe Rate von HIV-Infektionen unter trans Menschen [10]. Und auch wenn das Selbstbestimmungsgesetz nur einen Bruchteil der Diskriminierung für trans Menschen abbauen will, sehen wir eine breite Koalition gegen das Gesetz am Aufbauen. Dieser Koalition gehören zum einen die üblichen Verdächtigen an: Christliche Konservative, Rechtspopulisten und Rechtsextreme. Zum anderen aber auch: Selbsternannte Feministinnen, die einer spezifischen Strömung des Feminismus, dem genderkritischen Feminismus, angehören. Diese Strömung wurde dabei ab 2020 aus den USA und vor allem aus Großbritannien importiert, war vorher in Deutschland nicht vertreten. Als 2017 Terre des Femmes einen großen Richtungsstreit hatten, in denen typisch deutsche Streitigkeiten ausgefochten wurden (Kopftuch ja oder nein, Inklusion von Prostituierten ja oder nein), stand die Inklusion von trans Menschen nicht zur Debatte [11]. Interessant ist vor allem, dass die übergroße Mehrheit, mit der bedeutsamen Ausnahme von Alice Schwarzer und der EMMA, dieser Genderkritischen vorher kaum bis gar nicht in der deutschen Frauenbewegung aktiv war und dass alle großen Organisationen der Frauenbewegung dieser Bewegung klar widersprechen. Sogar Terre des Femmes die sich 2020 den Genderkritischenangeschlossen hatten, zogen sich letztes Jahrheraus [12]. Neben der EMMA bleiben nur noch Kleinstgruppen, die überwiegend Ableger von britischen Organisationen sind, wie WDI Germany oder die LGB Alliance Germany.
Auch interessant ist die Stille von konservativen und rechtspopulistischen Kräften, die im Großen und Ganzen auf eigene Argumente verzichten und entweder genderkritische Stimmen sprechen lassen oder deren Argumente wiedergeben, was dazu führt, dass diese Genderkritischen mittlerweile von vielen trans Menschen als die aktuell größte Bedrohungslage für die eigenen Rechte wahrgenommen werden. Ebenso fällt die enorme Emotionalität der Argumentation der Genderkritischen auf. Schnell wird von Vergewaltigern (gemeint sind damit immer trans Frauen), Verstümmelung (gemeint sind geschlechtsangleichende Eingriffebei trans Männern) u.ä. gesprochen. Eigene Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt, die in Deutschland fast ausschließlich von cisgeschlechtlichen Männern ausgeht, wird als Begründung für die Ablehnung der Rechte von transgeschlechtlichen Menschen herangezogen. Trans Menschen, die im Großen und Ganzen auf diese Emotionalität verzichten, wird Hysterie und emotionale Erpressung vorgeworfen, wenn sie auf die tatsächlich erhöhte Suizidalität von trans Menschen hinweisen. Ich könnte auch so argumentieren, könnte sagen, dass eine cis Frau niemals den Horror nachvollziehen kann, von einem Mann in einer Kneipe betatscht zu werden, sich mit beiden Händen dagegen zu wehren, dass er einen im Schritt anfasst, damit zu scheitern und dann die unfassbare Schrecksekunde zu erleben, wo klar ist, dass er wissen wird, dass man einen Penis hat und nicht zu wissen, wie er damit umgehen wird. Im besten Fall tatscht er einfach weiter und behandelt den eigenen Körper als sein Eigentum, im schlimmsten Fall endet diese Entdeckung in Gewalt. Aber wer gewinnt von einem Diskurs, bei dem Traumata instrumentalisiert werden, ohne die wahren Täter, hetero cis Männer, anzusprechen? Was die Debatte über die Rechte von trans Menschen und unserer Teilhabe an der Gesellschaft braucht, ist die Anerkennung, dass wir Rechte verdient haben, dass wir ein Recht haben zu leben ohne jemanden um Erlaubnis fragen zu müssen und dass unsere Teilhabe an der Gesellschaft nur dann eine Hürde für cisgeschlechtliche Menschen darstellt, wenn diese einen Ekel vor uns haben. Ein pseudofeministischer Diskurs, in dem Diskriminierungserfahrungen gegeneinander ausgespielt werden, hilft weder Frauen noch trans Menschen, sondern lässt cis Männer komfortabel auf ihrer Machtposition thronen.
Emily Lailah Strauß; Diva, Empress, die eine wahre Emily. Studiert Theologie und Islamwissenschaft und sorgt an der theologischen Fakultät für Drama. Hobbies sind: Sluttiness, Nagelstudio und feministische Theorie lesen.
[1] https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Expertisen/expertise_be
nachteiligung_von_trans_personen.pdf?__blob=publicationFile&v=3
[2] https://www.maenner.media/gesundheit/psychologie/Metaanalyse-studien-suizidgefahr-lgbtiq/ [3] https://www.queer.de/detail.php?article_id=45126
[4] https://www.welt.de/vermischtes/article6209687/Deutschlands-Prostitution-immer-internationaler.html
[5] https://www.regenbogenportal.de/infoartikel/trans-gesundheit-und-
diskriminierung#:~:text=Pathologisierung%20und%20Ausschl%C3%BCsse%20im%20Gesundheitssystem&text=Z
war%20ist%20die%20neue%20Internationale,als%20psychisch%20krank%20bezeichnet%20hat.
[6] https://medien-mittweida.de/trans-gender/2019/
[7] https://editionf.com/transfeindlichkeit-toiletten-dritte-option/
[8] https://background.tagesspiegel.de/gesundheit/wenn-der-arzt-nicht-zuhoert
[9] https://www.zeit.de/zett/queeres-leben/2021-07/transfrauen-diskriminierung-dating-fetisch-kommentare-
aufklaerung-erfahrungsbericht
[10] https://www.aidshilfe.de/shop/pdf/13032
[11] https://www.emma.de/artikel/unterwanderungsversuch-bei-terre-des-femmes-334615
[12] https://www.frauenrechte.de/ueberuns/dokumente/offene-briefe/5173-in-eigener-sache-beschluss-des-
vorstands-zuruecknahme-des-positionspapiers-transgender-selbstbestimmung-und-geschlecht-2
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