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  • Karim Gamil

Trauerzeugen

Ich weiß, dass bald alles besser wird, optimiert wird. All die Herausforderungen, die uns begegnen - die werden wir überwinden. Als Team, als Kollektiv, als Einheit in der Vielheit, das Eine im Anderen (to heteron, altgriechisch)...unsere Analysen und Diagramme deuten auf eine sehr positiv einzuschätzende Entwicklung, eine Progression, einen Fortschritt, vollendete Problemlosigkeit, die Heilung all unserer Krankheiten und Pathologien, physisch…psychisch…geistig…emotional…ich spüre es, obwohl ich es nicht darf, aber ich spüre, dass ein neuer Tag der Geschichte anbricht und diesen werden wir in die Tiefen unseres Abgrundes fallend als den ersten Tag deuten. Wir hier, unsere senile Truppe hier…Was? Sie sagen, andere haben besser von uns gesprochen?


Wer?


Und vor allem Wann? Es gab ja keine Zeit , wir hatten eben Team Meeting mit dem Chef. Mit dem Großen von oben und er würde sowas nicht erlauben. Außer er war es. Unser Hirte und Pastor, unser Freiheitskämpfer, unser kolossaler Römer…unser Caesar - Kaiser für euch Gefallene da unten. Meine Forschungsgruppe, ich sage “meine”, nicht weil sie mir gehört, sondern weil ich sie leite. Da ist vielleicht ein Possessivpronomen etwas fehl am Platze. Nur weil jemand etwas leitet, führt sozusagen, weil er - oder sie - sowas wie die Bestimmer aller Ziele und Zwecke sind, heißt ja noch nicht, dass ihnen irgendwas gehört. Ich kann ja die Funktion eines Hochhauses bestimmen, heißt ja nicht gleich, dass mir New York gehört.


Auch wenn ich zum Beispiel die Funktion von Menschen als Geliebte bestimme…als Sympathieträger, Empathieauslöser, Oxytocinausschütter, Neurotizismuslinderer oder Therapeuten bestimmte…heißt ja nicht, dass wir uns direkt lieben oder?


Oder? meine große Heilerin und Priesterin? Die du mir in der Verschwommenheit, in der Vagheit der Nacht begegnetest, die du ja, uns deine Lehren zeigtest und uns in Dingen Schönheit oder Liebe lehrtest, nicht mit deinen Worten, sondern mit deinen Taten - Hast du uns nicht diese flüchtige Form verliehen? Warst du nicht diejenige, die uns unserer Krankheit beraubte, und uns die Heilung erzwangst, indem du uns mit deinen neuen Gaben fluchtest? Uns diese Vielfalt, diese Körper, diese Stimmen, diese Augen - und davon gibt es bald zu viele - dieses Zwitterhafte Sein widergebarst?


Erkläre Dich, unsere Gottheit, unsere Hadesbraut.


Eine weibliche Stimme: "Joseph…Kehr nur um. Deine Braut erwartet dich."

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