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Verklungen

Klaudia Rzeźniczak

Schwarz-weiß fielen die Tasten um

klirrend in die Asche der Gedanken

und wirbelten verklungene Worte wieder auf.

Matte Spuren des häufigen Streichelns

unterbrochen durch gelegentliche

Nägelcanyons der frustrierten Klagen

ließen den Kern durchschimmern.

Staubperlen schmückten die Saiten,

die gerissen sich kräuseln wie Engelshaar,

doch ihre Engelsstimme wurde stumm

und würde es bleiben.

In sprunghaften Oktavenlinien flog es einst und sein Windzug wandelte selbst die sprödeste Nashornhaut in Gänsehaut um.

Seine Pedale waren einst Notbremsen für das rasende Gemüt.

Es war außerhalb der Zeit.

Eine Salbe.

Ein Krug. Kelch.

Ein Heim.


Jetzt präsentiert es seine Innereien willkürlichen, achtlosen Wanderern am Wegesrand.

Aufrichtig in der Agonie.

(Jämmerlich sieht's aus.)

So bescheiden, zu stolz zu klagen.

Die Moira hat wohl seine goldene Seidensaite zerschnitten

- feierlich wie der Bürgermeister das Eröffnungsband

- triumphierend wie der Marathonist auf Hermesflügeln das Zielband.

Im Nachhall seiner Symphonie liegt es da, das zerhackte Klavier in der Pfütze vor der Treppe neben der Axt.

Während die Furie der Verzweiflung weicht, betrachtet der Meister schnellen Atems, flüchtigen Blickes, verstummenden Herzens sein Werk und stirbt mit seinem Instrument.


Und in ihren gemeinsamen Trümmern wird die majestas domini ruhen.

Und auf ihren gemeinsamen Trümmern werden Maiglöckchen wachsen und an die alten, verklungenen Klänge erinnern.



Klaudia Rzeźniczak, Studentin der Kunstgeschichte und Romanistik, Regiehospitantin am Theater Heidelberg, Orga- & Jury-Mitglied des Preises der Heidelberger Autor:innen. Hat viel Respekt vor und Liebe für alle Künste: Literatur, Theater, Film, Tanz ... Schreibt und denkt gerne assoziativ, synästhetisch und analytisch. Steht auf Präzision und auf als unästhetisch geltende Ausdrücke in der Lyrik. Schreibt, um zu dokumentieren, also gegen die Vergänglichkeit an.

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